Kunstinstallation "Sonnenfinsternis Dobel"

Kunstinstallation Frederick Bunsen 6. August 1999

Installation Sonnenfinsternis

Installation Sonnenfinsternis 1999, Foto: Karin Mueller, Leonberg

Installation Sonnenfinsternis

Installation Sonnenfinsternis 1999, Foto: Karin Mueller, Leonberg

Installation Sonnenfinsternis

Installation Sonnenfinsternis 1999, Foto: Karin Mueller, Leonberg

Installation Sonnenfinsternis

Installation Sonnenfinsternis 1999, Foto: Karin Mueller, Leonberg

zur Webseite von Frederick Bunsen

"Sonnenfinsternis Dobel"

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Fotos: Karin Mueller, Leonberg

Der Künstler zum Werk

Eine drei Meter große schwarze Scheibe aus Holzlatten und Pappmaché war etwa vier Meter vor dem Altar in der evangelische Stadtkirche zu Dobel ausgehängt: je nach Luftströmung drehte sie sich um ihre Achse. In ihrer Schlichtheit spiegelt sie eine offene Leere wider noch intensivert durch ihre Schwärze. Bei günstiger Lichteinwirkung entstand der Eindruck, das schwarze Loch zöge sich sogar durch Altar und Kreuz, wie ein schwarzes Loch, das zu einem Hinüber in einer anderen, jenseitigen Dimension zu führen schien.

Durch die Drehungen der Scheibe war das Altar- und Kreuzbild vollständig verdeckt. Von Mal zu Mal schrumpfte die Fläche zu einer schmalen Linie: das Horizontale des Kreuzes rückte plötzlich aus dem Hintergrund in den Vordergrund und wurde zum bestimmenden Faktor im Blickfeld. So entstand ein Wechselspiel zwischen Durchlassen und Nicht-Durchlassen: der Beobachter kann sich auf die jeweilige Blickweise einlassen.

Der Performanceaspekt (Unmittelbarkeit) der Installation des 6. Augusts stand im Dialog mit einem Gong (Stephan Hoffmann, Perkussionist aus Karlsruhe) und der Sopranstimme Karin Hoffmanns. Um den Farb- und Formraum der sich drehenden Scheibe entstand ein Klangraum, der im Seherlebnis des Numinose herbeiführte.

Zum kirchlichen Raum

An jener Stelle, wo das Auge sonst zur Kreuzigung Jesu hinblickt, stand nun eine schwarze Fläche. Von den Sitzbänken wurden das Kreuz und der Gekreuzigte unsichtbar.

Das ganze Jahr hindurch war das Kreuz- und Altarbild von den Sitzbänken aus so selbstverständlich sichtbar, daß es für jeden ins Unsichtbare gerückt war, der die Kirche betrat.

Durch die Gewöhnung an das Alltägliche ist das Kostbarste von uns genommen: was einen Lebenssinn verspricht, ist verloren. Denn erst wenn die die Installation den Altarraum entfremdet, spätestens aber bei der Verdeckung des Kreuzes durch die schwarze Oberfläche wird ein Phänomen evident, das der Philosoph die Anwesenheit in der Abwesenheit nennt: die verstorbene Sängerin Janis Joplin hat es auf ihre Weise ähnlich gedeutet; sie singt: "you don't know what you've got till its gone": du weißt nicht, über was Du verfügst, bis Du es verloren hast.

Was sichtbar ist, wird unsichtbar, und was unsichtbar ist, wirkt sichtbar. Was anwesend ist, wird abwesend, und was abwesend ist, wirkt anwesend. Anwesend in der Abwesenheit: in der Dobler Kirche wird ein Paradox der Wahrhaftigkeit offenbar, das zugleich in übertragenem Sinn auf den Verlust Jesu von Nazareths hindeutet.

Wo der Geliebte verschwunden ist, weiß jeder, was ihm fehlt (Hohelied Salomonis 5,6: "Ich öffnete meinem Geliebten: doch der Geliebte war weg, verschwunden. Mir stockte der Atem: er war weg. Ich suchte ihn, ich fand ihn nicht. Ich rief ihn, er antwortete nicht".

Wenn ein persönlich Bedeutender von der Bildfläche verschwindet vermehrt sich sein Wert in der Person, die ihn vermißt. Jedermann ist verunsichert in der Angst, das Lebensnotwendige zu verlieren.

Nachgedanke

"Am Bergkamm entlang, aber noch nicht im Bereich des Himmels, zogen meine Blicke voller Neugier hin. Es scheint mir so etwas wie eine Linie, die sich als solche im nachhinein aber nicht ausmachen läßt."

"Es ist jedoch keine Linie, was die beiden Formen trennt. Was ich beobachten konnte, war, wie die beiden eigensinnigen Naturformen sich ineinander verzahnt hatten und wie eine Formseite von der anderen bedingt wurde."

FD Bunsen, Dobel 1999

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