SPUREN, Bunsenfeuer

Aus: Hinüber Hinaus 1994, ISBN 3-929751-13-5, S.13

Peter Renz 1994

Schweigen der Farbe 2001

Frederick Bunsen
Ohne Titel 1992, 200 cm x 280 cm, Acryl auf Leinwand
zerstört durch Brand

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SPUREN, Bunsenfeuer

Anscheinend gibt es so etwas
wie eine Lust auf Beunruhigung, Neugier
auf einen Weg, von dem wir nicht wissen,
wohin er uns führen wird.
Eines aber läßt er uns spüren:
Wir kommen in Bewegung.
Das wäre schon viel.

Spuren hinterlassen heißt: das Eigentliche verstecken.
Rastelli, der Sachen in die Luft verschwinden ließ.
Versteckspiel, die Kunst der leichten Hand. "Fairneß am
Ostermorgen": Alles so verstecken, daß es entdeckt
werden kann, ohne zu graben. Je luftiger ein Versteck,
desto geistreicher, je freier es dem Blick preisgegeben,
desto besser.

E.A. Poes Geschichte vom Entwendeten Brief: "Haben Sie
nicht bemerkt, daß alle Menschen, wenn sie einen Brief
verstecken, ihn, wenn auch nicht gerade in ein
ausgehöhltes Stuhlbein, so doch wenigstens in irgend
einem verborgenen Loch oder Winkel unterbringen?"
Monsieur Dupin, Poes Detektiv, weiß das, und er findet
den Brief da, wo sein gerissener Gegenspieler ihn
aufbewahrt: im Kartenhalter an der Wand, vor aller Leute
Augen.

Anfangsgründe der Versteck-Kunst: 1. Ausnutzung
von Fugen und Spalten. Nichts mit Absicht verschleiern. Alles
scheint wie ein notwendiges Ergebnis von Arbeit und
Erregung. 2. Prinzip der Füllung. Das Fremde so in die
Welt des Normalen einfügen, daß es selbstverständlichen
Sinn macht. Nichts Ausgestelltes; das Ungeheuer sitzt in
der Wohnstube wie ein alter Bekannter. 3. Prinzip von
Höhe und Tiefe. Wo jeder zuerst hinschaut, ist kein Platz
für Entdeckungen. Unerwartete Orte, am Rande des
Blickfelds, sind die sichersten Nester des Neuen.

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